Schlechte Ideen und ihre Auswirkungen in meiner Kolumne Oktober im Frei(e) Bürger

Veröffentlicht am: Oktober 15, 2012

Der Frei(e) Bürger ist eine von ehemaligen Obdachlosen sebstgemachte Straßenzeitung. Die Redaktion besteht aus drei Leuten und zwei Zwei-Euro-Jobs. Die Verkäufer kaufen die Zeitungen direkt in der Redaktion, die aus einer handvoll  für 0,80 Euro pro Heft ein und verkaufen dieses dann für 1,50 Euro. Diese 80 Cent pro verkaufte Zeitung sind die finanzielle Grundlage für das gesamte Projekt. Kostendeckend ist die Zeitung bei rund 3500 verkauften Exemplaren. Die aktuelle Kolumne findet man, in der Straßenzeitung Frei(e) Bürger in Freiburg. 
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 Ein fröhliches Aloha liebe Leser,
eine nicht abreissen wollende Welle von schlechten und unbedachten Ideen überschattete die Sommerpause. Sie kennen das bestimmt, man macht einen Scherz wie „Sorry Schatz, mir wurde gekündigt“, eine absichtliche Falschaussage „Deinen Schlüssel habe ich nicht gesehen“ und will es in voller Länge auskosten um dann ein paar Stunden oder Tage später die Aufklärung zu genießen.
Wie Sie auf dem Bildchen erkennen können, machte ich einen Solchen mit der Waage im Badezimmer. An sich eine feine Idee, finde ich immer noch. Mein Mädchen war im Bad und bereitete das Wiegen vor. Sofort kam mir diese, mir in diesem Moment vermeintlich hervorragende Idee und ich schlich mich katzengleich ins Badezimmer und hielt den Atem an. Nun kam es auf ein paar unbedeutende Kleinigkeiten an. Wichtig war, dass der Druck, den ich auf die Waage mit meinem Fuß ausübte exakt und konstant sein musste. Dies gelang und ich krönte mich innerlich schon als Lederstrumpf und dankte meiner Jugendliteratur für die daraus gewonnenen Kenntnisse im Anschleichen. Da ich geschickt genug war, oder der Schock meines Mädchens zu groß, bemerkte sie meine Intervention nicht.
Leider ging genau dieser perfekt ausgeführte Plan letztendlich vollkommen nach hinten los und ich leide seitdem. Ich habe nicht daran gedacht, dass meine Freundin sehr lösungsorientiert handelt. Mit der Energie eines Tasmanischen Teufels wurde beinahe sofort eine Diät eingeführt und alles was schmeckt aus der Wohnung exorziert. Auch eine sofortige Aufklärung der Situation löschte das entflammende Feuer nicht. Mit Argusaugen wurde zuerst ihre Körperlichkeit untersucht und dann kam es wie es kommen musste, auch die meine. Nun bin ich also, vollkommen zurecht auch auf Diät. Low Fat Milch und zuckerfrei. Oh Mann, ich habe unabsichtlich die Büchse der Pandora geöffnet. Lassen Sie es mich klar sagen: Diät ist das Arschloch unter der Nahrungsaufnahme. Wie soll ein Gericht schmackhaft sein, bei dem der Geschmacksträger entfernt worden ist? Damit nicht genug. Nun bin ich mit den anderen Bekloppten im Park und jogge meine Runden und das obwohl ich joggen und Jogger hasse. 
schlechte-Idee
Schlechte Idee
Aber damit sind die schlechten Ideen des Sommers noch nicht ausgeschöpft. Als meine bessere Hälfte vor ein paar Tagen vom Friseur nach Hause kam, hatte dieser Ihr die Augenbrauen gefärbt und ich habe unbedacht eine Äußerung gemacht, die ich gerne wieder zurücknehmen würde. Manchmal wünsche ich mir ein sehr viel schnelleres Gehirn und die Fähigkeit Schach zu spielen um Züge des anderen im Voraus zu erahnen. Leider ist dies nicht so. Mir fiel nämlich nichts besseres ein, als sie „Milhouse Van Houten“ zu nennen. Es gibt gewisse Dinge, die eine Frau nach dem Friseurbesuch nicht gerne hört. Unter den TopTen ist Milhouse, allem Anschein nach, ziemlich weit oben. Auch da sie weiss, dass ich keinerlei Sympathien für diesen Simpson Charakter hege, konnte ich die unbedachte Äußerung auch nicht nachträglich als Kompliment verkaufen.   
Der Höhepunkt der schlechten Ideen kam aber vorgestern. 
So gegen 21 Uhr rief die Zeitung meines Vertrauens an und wollte mich zum Bankeinzug der Abo-Gebühren überreden. Da ich schon wegen der 40 € Mahnung ein schlechtes Gewissen hatte, willigte ich ein und gab meine Kontonummer und die Bankleitzahl preis. Schon während ich die Zahlenreihen herunterratterte, fiel mir auf, dass die Anruferin ihre Telefonnummer unterdrückt hatte.
Das Schlimmste ist nun nicht, dass ich so dumm war, meine Konto-Daten freimütig auszuplaudern. Nein. Das wirklich Schlimme ist die Erkenntnis und das hilflose Umgehen damit, nach dem Preisgeben. Im folgenden versuche ich, Ihnen dieses Telefongespräch aus dem Gedächtnis so genau wie möglich zu rekonstruieren. 
Ich fragte die Tante, nachdem sie meine Daten hatte:
„Äh, sie sind keine Trickbetrügerin, oder?
Sie: „Nein. -Stille- Warum?“
Ich: „Nun ja, Sie haben ihre Nummer unterdrückt, und konnten mir den Betrag meiner Ausstände nicht nennen. Außerdem rufen Sie zu einer unmöglichen Zeit an und haben noch nicht mal ihren Namen genannt. Wie kann ich mir denn sicher sein, dass sie von der Zeitung sind?“
Sie: „Gar nicht. Die Nummern sind unterdrückt, weil sonst so viele zurückrufen. Mit meinem Namen könnten sie sowieso nichts anfangen. Und zu der Uhrzeit sind die meisten Zuhause.“
Ich: „Aha … das wird nun aber ein bisschen seltsam.“
Sie: „Ich kann sowieso nichts mit ihren Konto-Daten anfangen. Aber schön, dass Sie nachfragen, das passiert sonst nie.“
ICH BIN SO DOOF.
Am Tag danach also bei der Bank nachgefragt und die Bankangestellte macht mir erstmal richtig, richtig Angst. Von wegen, die können damit nichts anfangen. Also gleich bei der Zeitung angerufen und gefragt, ob es sein kann, dass ich gestern mit einer Kollegin telefoniert habe. Zu meiner Beruhigung sagte die ja. Erleichterung! Wie sie sehen, habe ich in diesem Sommer einiges gelernt und hoffe auf Besserung. Keine Scherze auf kosten anderer machen, nicht das Erste was mir in den Kopf schießt auszusprechen und niemals nie am Telefon über Bankdaten reden. 


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